Tanzen auf einem anderen Level

Tänzerische Vielfalt durch Musikinterpretation

"Kennst du eigentlich jedes Lied auswendig?" Eine Frage, die ich sehr oft beantworten darf. Ich gebe zu, dass ich wahrscheinlich mehr Musik in meinem Leben gehört habe als viele andere Menschen - und zahlreiche Titel vielleicht auch ein paar Mal häufiger.

Musik ist überall

Musik ist überall: Ich zumindest kann mir den Film 'Zurück in die Zukunft' kaum ohne die Szene mit Marty McFly vorstellen, in der er plötzlich 'Johnny B. Goode' performt. Wäre 'Der Weiße Hai' ein Kinohit geworden ohne die berühmten zwei Töne, die jeden in Angst und Schrecken versetzen? Viele sehen Musik nur als Beiwerk im Hintergrund - auch beim Tanzen. Dabei kann die Musik und die passende Musikinterpretation das Tanzen auf ein ganz anderes Level heben.

Was sagt mir das Lied?

Musik kann uns so viel erzählen: Herzschmerz, Freude, Protest und Boogie Woogie. Ja, Boogie Woogie! Das ist ein wunderbarer Kunstbegriff, der es irgendwie durch die Zensur der damaligen Musikindustrie geschafft hat. In einem Titel heißt es "Baby, do you wanna Boogie Woogie with me" - und ich kann mit Sicherheit ausschließen, dass der Interpret mit der Angebeteten tanzen wollte. Die Blues-Musik ist durchaus verrucht, anstößig - nicht umsonst galten die Musik und die Tanzbewegungen dazu als 'verdorben'. Nun kann jeder auf solche Titel tanzen als würde der Tänzer die eindeutige Uneindeutigkeit nicht hören - oder der Tänzer greift auch in seinen Bewegungen dies dezent und mit allem Respekt gegenüber dem Tanzpartner auf. 

Instrumente zum Leben erwecken

Ich liebe es, die Instrumente in der Musik mit meinen Bewegungen zu unterstreichen: Das Klimpern des Klaviers, das Bending der Gitarren-Saiten, der Groove des Schlagzeugs und die Stimmfarbe des Sängers. Selbst wenn ich also auf ein Lied tanze und der gesungenen Sprache nicht mächtig bin, oder es ledigliche ein Instrumental-Stück ist, so habe ich extrem viel Spielraum, den ich zudem beim Tanzen nutzen kann. Ich schaue gerne auch anderen Tänzern zu und beobachte dann, wie sie die Musik hören und wie sie das transportieren wollen. Manchmal mit Witz, manchmal mit Emotion, die mich berührt oder mir Gänsehaut verschafft. Für mich ist wichtig: Jeder Titel ist verschieden. Jeder Titel ist durch einen kreativen Prozess entstanden und aus meiner Sicht daher zu wertvoll, um einfach seine Figuren stur darauf herunterzutanzen. Wenn ich den Bass in der Musik spüre, den Beat höre und mich ganz auf die Musik einlasse, dann geht eine Tür auf in eine ganz neue Welt. Plötzlich fühlt sich alles viel leichter an, mir ist vollkommen egal, was Personen um mich herum denken und auch im Tanz lösen sich Blockaden auf.

Die Struktur verstehen

Nun zurück zur Ausgangsfrage: "Kenne ich jedes Lied auswendig?" - meine klare Antwort lautet: "Nein". Ich habe lediglich so viel Musik in meinem Leben gehört, dass ich weiß, wie Musik aufgebaut ist. Musik muss ins Ohr gehen, leicht zum Mitsingen sein und daher wiederholt sich in einem Lied so einiges. Musik hat auch immer eine gewisse Struktur, die für ein Genre als 'typisch' gilt. Es gibt typische Rock'n'Roll-Musik, Swing-Musik oder Blues. Oft steckt dahinter auch ein definierter Ablauf an Tönen. Marty McFly teilt der Band in 'Zurück in die Zukunft' mit, dass `Johnny B. Goode` ein Blues in `B` ist und die Band weiß relativ schnell, was er von ihnen will. Denn ein Blues in 'B' hat eine sehr genau definierte Abfolge an Tönen. Takten, Bögen und Phrasen. Und irgendwann kommt dann in der Musik ein sogenannter 'Break'. Das Highlight für jeden Tänzer, weil die Musik augenscheinlich plötzlich stoppt. Der 'Stop' war gewissermaßen für die Tänzer geboren. Keiner bewegt sich, der Tanz ist eingefroren und sobald die Band weiterspielt, geht es auch im Tanz weiter.

Es geht nicht um's Zählen!

Wenn Tänzer die Standard-Struktur eines Liedes erst einmal verstanden haben, stehen sie nicht selten da und fangen krampfhaft das Zählen an. Aber nur, weil das die Standard-Struktur ist, heißt das noch lange nicht, dass sich die Band daran halten muss. Natürlich könnte ich mich jetzt als Tänzer beleidigt hinsetzen und sagen, dass die wohl nicht einmal den einfachsten Musikaufbau kennen - oder ich lasse mich immer wieder neu von der Musik überraschen und gehe ein gewisses Risiko ein, nicht jeden Stop zu treffen und nicht jedes Instrument perfekt zu interpretieren. Erst das macht für mich den Reiz eines Liedes aus, auf das ich gerne tanze. Und genau deswegen will ich gar nicht alle Lieder kennen.

Traut euch!

Manche haben auf der Tanzfläche Angst, sich zu blamieren, weil sie auf die Musik nicht 'richtig' getanzt haben. Aber: Wer weiß schon was richtig ist? Musikinterpretation basiert auf dem Vertrauen, dass schon alles gut läuft, auf dem Selbstvertrauen, dass ich einen schönen Tanz auf's Parkett lege - ganz unabhängig von meinem Können. Das alles ermöglicht eine unglaubliche Lockerheit, die mich in einen sogenannten 'Flow' bringen kann, in dem nahezu alles klappt, was ich mir vorher nicht erträumen konnte. Musikinterpretation klappt dann besonders gut, wenn ich es häufiger ausprobiere. Natürlich muss ich das nicht das erste Mal vor 1.000 Leuten machen. Doch vor dem 'Machen' steht das 'Trauen'! Und ich wünsche euch, dass ihr euch das zutraut!

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